Blick hinter die Kulissen mit Jan Imhof
(Text: Tim Dannenberg Fotos: STV, Janis Fasser/ Tim Dannenberg)
Jan, du bist seit Ewigkeiten im NKL. Im vergangenen Jahr hatten wir uns bereits über deine Reisen zur Junioren Europameisterschaft und zum Europäischen Olympischen Jugendfestival unterhalten. Nun bist du im Schweizerischen Nationalkader Kunstturnen Männer und wirst das NKL im Sommer Richtung Magglingen verlassen. Wie hat das Ganze überhaupt angefangen?
Ins NKL bin ich über meinen Vater gekommen. Er war selber Nationalturner und kannte das NKL vom Hörensagen her. Weil er das Angebot im NKL gut fand, hat er mich mit 4,5 Jahren zu Tobias Tschopp in das Grundlagentraining im NKL gebracht. Das war damals noch in der Rosen 2, wo heute die Trampolingeräte stehen. Mit ca. 7 Jahren wurde ich gefragt, ob ich das Kunstturnen leistungsorientiert machen wolle und ich hab einfach mal ja gesagt. Ich wechselte dann in die Rosen 1 und habe drei Jahre bei Reto Valsangiacomo trainiert, bevor ich dann bei Rolf Müller in die Gruppe kam. Meine Trainer haben mich immer weiter gefördert und gefordert und so sind auch meine Trainingszeiten immer weiter angestiegen. Bei Rolf Müller habe ich dann so lange trainiert, bis ich in die Sportklasse Sek I gekommen bin. Ab diesem Moment bin ich dann zu Daniel Groves, unserem jetzigen Cheftrainer, in die Trainingsgruppe gekommen. Diesen Sommer werden es 15 Jahre sein, die ich schon im NKL als Turner verbringe.
Nachdem du die ersten Erfolge gefeiert hast, bist du in die Sportklasse Sek I gekommen. Wann war das und wie ging es dann für dich weiter?
In die Sportklasse in Muttenz bin ich 2016 gekommen und war dann 2019 fertig. Im Anschluss habe ich mit meine Lehre als Polymechaniker in der Grundschule Metall in Liestal angefangen.
Was sind deine Aufgaben als Polymechaniker und wie habt ihr es geschafft, das Thema Ausbildung, Schule und auch die doch hohe Anzahl an Trainingsstunden unter einen Hut zu bekommen?
Als Polymechaniker stelle ich vor allem Metallbauteile für Privatkunden her. Da ich meine Lehre beim Kanton Basel-Landschaft mache und dies auch eine Sportlehre ist, reagiert mein Lehrbetrieb ziemlich flexibel auf meine Trainingszeiten und die Wettkampfplanung. Da kann es halt auch einmal sein, dass meine Aufgaben ein paar Tage liegen bleiben, weil ich in einem Trainingslager oder an Wettkämpfen bin. Insgesamt arbeite ich 28 Stunden die Woche, davon sind 7 Stunden Schule. Nebendran bin ich nochmal ca. 26 Stunden im Training. Ich bin meinen Lehrmeistern sehr dankbar, dass sie mir diesen Freiraum ermöglicht haben. Schade, dass die Grundschule nun aber geschlossen wird.
Als im vergangenen Jahr klar wurde, dass du für die Junioren Europameisterschaften 2022 in München in Betracht gezogen wirst, musstest du zudem sehr viele Tage im Verbandszentrum in Magglingen trainieren. Viel Zeit weg von Zuhause und Familie, aber auch viele Tage weg von der Arbeit. Hat dich das in irgendeiner Form beeinflusst?
Ich bin im Training besser geworden (lächelt).
Mein privates Umfeld beschränkt sich eigentlich sehr eng auf diejenigen Personen, die ich in der Schule, beim Arbeiten oder beim Training sehe. Einen richtigen Freundeskreis ausserhalb von Schule, Arbeit und Training habe ich nicht. Meine engsten Freunde sind bei uns in der Halle. Kevin Kuhni habe ich zum Beispiel jetzt 6 Jahre lang 26 Stunden in der Woche im Training gesehen und mit ihm die Zeit verbracht. Während unserer Zeit in der Sportklasse haben wir uns sogar in der Schule und im Zug noch gesehen. Das schweisst schon zusammen.
Bei all diesen Abwesenheiten und hatten deine Eltern sicherlich einiges zu tun, den logistischen Bereich, wie ins Training fahren oder wieder abholen, zum meistern, – oder?
Jetzt fahre ich natürlich selber, aber bis ich in die Sportklasse gekommen bin, haben meine Eltern mich 6‑mal die Woche ins Training gebracht und wieder abgeholt. In der Sportklasse haben sie mich dann nur noch abends vom Training abgeholt, weil die Zugverbindungen nicht so gut waren. Für all diese Unterstützung bin ich ihnen auch sehr dankbar.
Nach der Teilnahme bei der EYOF und bei der JEM stand für dich nur noch das Ziel Nationalkader auf dem Programm. Das hast du nun geschafft, hast du damit alle deine Ziele erreicht?
Nein, ich will in der Elitekategorie erfolgreich sein. Für mich bedeutet das, dass ich zu den besten Turnern bei einer EM oder einer WM gehören will. Wenn ich das geschafft habe, sollte auch Olympia 2028 oder 2032 ein Thema werden. Im Leistungssport sind solche langfristen Planungen aber immer gefährlich, denn es kann immer viel passieren.
Wenn du nun deine Lehre beendet hast, wirst du uns wohl oder übel verlassen und nach Magglingen ziehen. Weisst du schon, wann dein letztes Training hier sein wird und was dich in Magglingen erwartet?
Nein, wann mein letztes Training ist, weiss ich noch nicht. Anfangs Juli werde ich aber definitiv nach Magglingen zügeln und dort ins Training gehen. Im Oktober fange ich dann mit der Spitzensport RS an. Solange bin ich dann einfach noch nur ein Kunstturner.
Wie mein Trainingsalltag aussehen wird, weiss ich jetzt schon. Wir werden wahrscheinlich 30 Stunden trainieren. Jeden Tag trainieren wir dann zweimal, ausser mittwochs und samstags. Da trainieren wir nur am Vormittag und am Sonntag habe ich dann meinen Ruhetag.
Jan, danke für deine Zeit und weiterhin viel Erfolg bei deinen sportlichen Zielen.